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Rollerfahrtechnik, Plan B und das Unbedingte des Seins
Wer nach dieser Überschrift weiter liest, kann hinterher nicht behaupten, ich hätte ihn nicht gewarnt.
Ich tippe hier nichts Neues. Das gleiche gibts beim Klettern, auf dem MTB,  Surfboard, Kajak, Bogenschiessen...Das hier ist nur der Versuch, das für den Roller zu formulieren.
Es gibt selten einen Ertrag ohne einen Einsatz. Das bedeutet für uns, dass Mensch seinen Roller beherrschen sollte. Einhändiges Fahren auf beiden Seiten gleich gut, einhändiges Fahren mit einem einem weit abgespreizten Bein (auch diagonale Stellungen) auf beiden Seiten gleich gut. Das sind Trainingsbasics für den Anfang. Die vom MTB bekannte Technik 'Auge fixiert Punkt, Schulter dreht in Blickrichtung ein und das MTB folgt der Schulter' gilt eingeschränkt auch für den Roller. Was den Roller auf dem Trail aber ganz anders macht ist die Arbeit mit der Hüfte. Natürlich schwingt auch das am Sattel leidende Volk die Hüften, aber für Elvis und Crossrollerer hat der Hüftschwungs eine herausragende Bedeutung. Stell dich auf deinen Roller und fahre langsam mit beiden Beinen auf dem Board, halte den Lenker am Griff fest ohne am Lenker zu verkrampfen (er muss deinen Aktionen auf dem Roller folgen können) und schwinge dann mit deiner Hüfte den Schwerpunkt nach aussen. Lass es zu was mit dem Roller, dem Lenker und Dir geschieht. Und -oh Wunder- der Roller beschreibt einen Bogen. Sammle Erfahrung, steigere die Geschwindigkeit, und beginne das dann auf Trails zu übertragen. Innerhalb eines Schwierigkeitslevels mit steigendem Tempo, bis du den Trail ausgereizt hast. Dann rollerst du mal den Trail den du sonst nur halbherzig angehst...and so on.
Du lernst dann rasch, dass schnell unterwegs sein bedeutet, dass du weit hinten sein musst mit dem Arsch. Das bergab das gleiche gilt, und dass du im Durchfahren einer Kompression schnell das Gewicht nach vorne bringen musst, damit das Vorderrad nicht den Himmel küssen will.
Was passiert ist, ist der Effekt, dass du sicherer auf den Roller unterwegs bist, weil du mit seinen Reaktionen auf unterschiedlichen Untergünden vertraut bist. Du wirst eine Einheit mit deinem Roller.
Und eines Tages fällt dir auf, dass du deinen Roller nach rechts gelenkt hast und mit dem Oberkörper schon nach links unterwegs warst, weil du etwas antizipierst hast. Was ist geschehen? Du warst im "flow". Du warst so eins mit dem Roller und dem Trail dass der Urknall geschah. Für diesen Moment hast du dir deine Welt geschaffen. Alles war gut. Es gab kein vorher - kein nachher. Keine bescheuerte Assoziation hat dir den Moment versaut.
Ab diesem Moment wird es gefährlich. Wir sind nicht Gott. Wir sind der Physik ausgeliefert. In allen "Abenteuersportarten" gilt, wer diese Stufe erreicht hat, überlebt nur (auch in dem Sinn, dass er das Austesten nicht auf gibt) , wenn er auf erweiterter Bewusstseinstufe Risikien neu bewertet.
Im "flow" zu sein, bedeutet dass kein bremsendes assoziatives denken vorhanden ist. Dein agieren ist "unbedingt". Und diese Unbedingtheit ist, richtig vorbereitet, auch deine Sicherheit auf dem Trail. Setzt in solchen Situationen die Ratio ein, ist der Sturz meistens vorprogrammiert.
Womit wir wieder beim Anfang wären: Kein Ertrag ohne Einsatz. Du trainierst jetzt Gelände lesen. Du lernst, dass es eine Grobanalyse und eine Feinanalyse gibt. Und je öfters du im Gelände unterwegs bist, und dir Fahrsituationen anschaust, desto sicherer und schneller wirst du zu einer Einschätzung kommen. Das ist die Voraussetzung für einen guten flow. Stimmt die Analyse vorher, kannst du dich auch dem flow hingeben, kannst alle störrenden Assoziationen hinter dir lassen und nur Im Augenblick sein.
Bis es knallt *g*
Es gibt selten einen Plan B in solchen Situationen. Wer an seiner persönlichen Grenze agiert, muss vorher Wissen, dass auch daran ein Preisschild hängt. Nämlich dass du scheitern kannst.
Und als Abschluss: Wir haben alle unterschiedliche persönliche Grenzen. Extrem zu sein bedeutet eben genau nicht, sich an einem absoluten Wert zu messen, sondern seine ganz eigenen Grenzen erforschen und erleben. Als Rollerer bin ich nur eine kleine Wurschd - ich weiss das. Aber das was ich habe, setze ich ein.
Im folgenden beschreibe ich eine Strecke von ca. 200m innerhalb eines längeren Trails. Ich habe den dieses Jahr bestimmt 20x gefahren, und das für mich (wortwahl! andere können da sicher noch was rauskitzeln) perfektioniert: Mit Tempo den ultraschmalenTrail runter, Rechtskurve mit einem Hinterradrift vorbei an einem Loch links im Trail,  durch eine kleine Kompression, Roller mit Schwerpunktverlagerung nach links drücken und sofort wieder nach rechts um einem Loch auszuweichen, Roller ausrichten und in die Knie gehen, Lenker hochziehen und aus den Knien hoch über den Hubbel im Trail springen(Aufsetzer wenn nicht gesprungen wird), noch in der Luft den Landepunkt fixieren weil dann sofort die Bremsen eingesetzt werden müssen um die verwurzelte Kurve zu packen, ausrollern und grinsend absteigen. - Ich beschreibe das deswegen, weil ich hoffe damit gut zu verdeutlichen, dass das nicht mit dem Kopf gefahren werden kann. Der Kopf bereitet es vor, aber fahren kann mensch das nur, wenn er sich "einlässt". Auf den Trail, auf den Druck am Board mit dem dir der Roller seine Welt kommunizert, auf die Unbedingtheit des Moments.

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Jahrgang 1949

-Klettern by all means seit 1964

-1 Jahr Knast wegen erwiesenem Schwachsinn.

-Berufungen u.a. als Gärtner, Aushilfskoch, Coach und Monteur.

-Einen sehr gelungenen Sohn.

-Mit einer Frau verbandelt, die auf allen Gebieten mindestens 1 Kunststück kann.

-Die letzen Jahre mehr auf dem mtb denn am Fels-

und die Wüsten als neue Spielwiese entdeckt.

-Fazit: das was wichtig ist, ist letzlich gut geworden. die Jahre in denen es nicht so gut lief, sind nur der Preis, der dafür nötig war.